Joleen und Aron
„Scheinbar hast du Recht“, sie lächelte, als Aron ihr sagte, dass ihr Magen wohl der gleoichen Meinung war.
"Dann ist ja gut, dass der Tisch gedeckt ist nicht wahr?“, sie musste etwas lachen, als Aron sie so verdutzt anguckte. „Das war ein witziger Versprecher von einem kleinen Jungen, der eigentlich Ahornsirup sagen wollte und dabei kam eben der Aronsirup heraus. So als running gag, ist das bestimmt witzig.“, sie schmunzelte ein bisschen frech. Ihre Gesichtsmuskeln fühlten sich noch immer gespannt an, als hätte sie seit Jahren kein Lächeln mehr auf den Lippen gehabt.
„Ich weiß, dass das dem Wohl aller dient. Logisch betrachtet ist es die einzige Wahl, die komplett funktioniert und wenn man alle Faktoren mit einberechnet, dann wird deutlich – dass ich die Einzige bin, die das überhaupt tun kann. Die Konsequenz daraus ist jedoch, das Constantin das so nie verstehen wird. Er hatte es mir verboten und zwar ausdrücklich. Aber es geht nicht anders. Allein schon deshalb, weil Constantin so wieder in die Schatten zurückkehrt. Er wird durchleuchtet und sie brauchen wahrscheinlich nicht mehr viel um ihn als Spion zu entlarven. Es war höchste Zeit.“, erwiderte Joleen ernst. Sie machte sich nichts vor, sie betrachtete immer den Nutzen solcher Situationen und dass sie verdammt gut intrigieren konnte, war kein Geheimnis, spätestens seit die meisten wussten, dass Russland glaubte, sie sei tot, weil sie ihren eigenen tot super fingiert hatte.
Dennoch seufzte sie: "Ich weiß nicht wie und wenn wir ehrlich sind, Aron, dann hat Dumbledore nicht viel damit zu tun, er hat nur die Erlaubnis gegeben und es als sinnvoll erachtet. Die Idee kam von mir. Constantin sollte also mir den Kopf abreißen und niemanden sonst. Außerdem denke ich, dass es ihn kränken wird, dass ich ihn so lange angelogen habe. Das geht schon seit Wochen so und ich weiß nicht, wie lange ich das überhaupt noch verheimlichen kann – Aron, er wird es beenden. Er wird nicht damit leben wollen, dass er permanent Angst um seine Frau haben muss. Das kann ich mir nicht vorstellen. Sicherlich ist das sehr negativ betrachtet – aber ich wollte ja auch nicht damit klarkommen müssen, dass ich noch einen Mann verliere, wie also sollte er das können?"
Jolie hatte schon immer das Problem gehabt, alles zu analysieren, jedes Faktum jede Möglichkeit wurde in Betracht gezogen und ging man vom Negativsten aus, konnte man nur positiv überrascht werden. So war das eben mit der niedrigsten Erwartungshaltung. „Und ich sollte mir keine Utopien stellen – er wird ausrasten. Ich kenne meinen Verlobten ziemlich gut und ich weiß auch, dass er das nicht mit Jubelschreien aufnehmen wird. Er sieht es eben viel zu emotional, was ich ihm nicht verüble. Das ist ja das, was ich an ihm liebe … Er macht sich Sorgen um mich, das ehrt ihn. So sollte ein Mann auch sein, aber ich sollte mich daran gewöhnen, dass wir bald kein Paar mehr sein werden. Es gibt Dinge, die kann ein Mensch nicht tun, ohne die Quittung dafür zu bekommen.“
Joleen seufzte schwer und stocherte mit einem Löffel in ihrem Kaffee herum, als müsse er umgerührt werden, obwohl er keine Milch enthielt.
„Ich habe durch zuschauen, gelernt.“, konstatierte sie ohne große Umschweife. Es war nur natürlich, dass der Mensch sich die Dinge abschaute, die ihm am Meisten geschadet hatten und Joleen war mit Sicherheit eine der Personen, die mit offenen Augen und Ohren durch die Welt lief und sich jede Taktik, die ihr sinnvoll erschien im Kopf behielt.
„Doch, man hat versucht uns dumm zu halten, nur meine Eltern haben einen Fehler gemacht, sie haben mich an die große weite Welt gewöhnt.“, meinte Joleen dann mit einem schiefen Lächeln. Das entsprach der Wahrheit, ihre Eltern hatten dafür gesorgt, dass sie lernte. Sie sollte gut informiert sein, nur dass sie das so einsetzte, war nicht in deren Sinn gewesen.
„Ich werde in Punkto Okklumentik und Legelimentik noch einiges Lernen müssen. Es ist schwierig die Rolle des Verfolgers zu übernehmen, anstatt die Verfolgte zu sein. Aber vielleicht bin ich gerade deshalb gut geeignet, weil ich eben die Rolle der Verfolgten gut kenne und weiß, wie man sich wehren kann.“, dieses Mal war ihr Schmunzeln aufgesetzt und wirkte beinahe sarkastisch.
"Ich halte sie für tapfer – ich kann leider nicht viel Sympathie für Alkoholabhängige empfinden, aber Alyssa ist trocken, was ihr meinen Respekt einbringt. Ich denke, sie wird sich durchboxen und sie wird eine gute Mutter werden. Das Bild beweist es.“, Jolie lächelte ebenfalls. Dieses Bild sah so niedlich aus. Fast unschuldig in einer Zeit voll von Verbrechen, Missgunst und tagtäglichem Tod.
„Ihr werdet bestimmt eine hervorragende Familie.“, es brachte ihr einen Stich ein, dass sie wahrscheinlich so nie leben können würde.
Sie hatte sich ihre eigene Zukunft verbaut. Joleen verzichtete auf ihr eigenes Glück um ein Land zu retten, dass in den letzten Monaten mehr ihre Heimat geworden war, als Russland.
„Gut zu wissen.“, lächelte Joleen und zuckte mit den Schultern: „Ich fürchte ich werde langsam wieder zu Nastjenka … Schwarzer Kaffee, Schwarztee - Ich habe sogar das Rauchen wieder angefangen. Ich weiß nicht, ob Constantin das mitbekommen hat – aber eigentlich müsste er es riechen. Mich wundert es, dass er dazu noch nichts gefragt hat. Er scheint ohnehin schon Vermutungen zu haben. Ich habe wirklich keine Ahnung, wie ich da wieder rauskommen soll. Ich habe zu lange gewartet. Ich bin eben doch zu feige.“, Joleen seufzte und schüttelte den Kopf.
"In fünf Wochen? Das ist nicht mehr viel Zeit. Wo wollt ihr denn heiraten? Ich – entschuldige – du musst nicht alles beantworten. Ich will eigentlich … nur wissen … was ich wahrscheinlich verpassen werde. Mal wieder ...“, das Lächeln, das nun folgte, zeigte, wie sehr sie das bedauerte. Wie sehr es ihr das Herz einengte. Es zeigte, wie traurig sie war, die Hand loszulassen, die sie gerade erst gefunden hatte. Die einzige Hand, die ihr seit Jahren Gefühle gegeben hatte. Gefühle, die sie nicht, wie eine lebendig gewordene Analyse sein ließen. Das Stück Lebendigkeit, dass ihr all die Zeit gefehlt hatte und nun warf sie es einfach weg – für das Wohl aller.
Joleen war Aurorin mit Leib und Seele und es schien auch in Russland zu sein, einmal Auror immer Auror.
"Das ist doch nichts schlimmes.“, beruhigte Joleen den besten Freund ihres Verlobten. „Ich meine, es ist eure Hochzeit – der Bund für das Leben und ihr solltet euch die Freude gönnen.“, schob sie noch als Erklärung hinterher. „Ich schätze Constantin und ich müssten uns wohl entscheiden, wie wir es machen … aber ich bin nicht einmal sicher, ob wir soweit kommen.“